Im Jahr 2003 übernahm Frank Schulz (im Bild) Westfalia Herne – den Verein, bei dem er zwischen 1980 und 1983 bereits seine ersten Schritte als Spieler im Senioren-Bereich ging. „Ich habe Herne damals am Ende der Abstiegssaison übernommen, nur zwei Spieler behalten und einen Neuaufbau gemacht“, erinnert sich Schulz an seine Zeit bei der Westfalia, mit der es zunächst in die Verbandsliga ging. „Die Mannschaft hat sich dann stetig gesteigert.“
So ging es im Jahr 2005 zurück in die damals viertklassige Oberliga Westfalen. Dort gelang mit Platz acht nicht nur der souveräne Klassenerhalt, im Pokal startete Herne außerdem ein Lauf, den der Verein seitdem nicht wiederholen konnte. Die Westfalia feierte am Ende der Spielzeit 2005/06 den ersten und bislang einzigen Titel im Westfalenpokal.
Holpriger Start in den Pokal
Dabei wäre die Reise beinahe schon in der ersten Runde beendet gewesen. Gegen den damaligen Bezirksligisten VfL Kemminghausen setzte sich Herne erst mit 5:3 nach Elfmeterschießen durch. Auch in den nachfolgenden Runden hieß es für die Westfalia häufig: Nachsitzen.
In Runde zwei trafen die Herner dann als Außenseiter auf die SG Wattenscheid 09, die in diesem Jahr in der drittklassigen Regionalliga an den Start ging. Auch bei der SGW stand es nach 90 Minuten unentschieden, diesmal entschied die Schulz-Elf die Partie allerdings vor dem Elfmeterschießen (2:1 n.V.).
1. Runde: VfL Kemminghausen – Westfalia Herne 3:5 n.E.
2.Runde: SG Wattenscheid 09 – Westfalia Herne 1:2 n.V.
Achtelfinale: Westfalia Herne – FC Gütersloh 5:3
Viertelfinale: VfL Bochum II – Westfalia Hene 5:6 n.E:
Halbfinale: Westfalia Herne – SF Oestrich 1:0
Eine Runde später hieß der Gegner FC Gütersloh, der in der Saison in der Oberliga oben mitspielte und auf dem dritten Platz beendete. Im Achtelfinal-Duell stand dann unter anderem ein gewisser Edin Terzic im Fokus, der zu dieser Zeit für Westfalia Herne stürmte. „Da ging es noch um seinen Vertrag. Jürgen Stieneke, der leider verstorben ist, und ich haben das beide zusammen gemacht“, erinnert sich Schulz. „Gegen Gütersloh, das war auch ein ganz tolles Spiel, wo wir eigentlich der Außenseiter waren, da hat der Edin dann ein Tor geschossen und lief zu mir an die Außenlinie. Da habe ich ihm ins Ohr geflüstert: Dein Vertrag wird verlängert.“ Letztlich setzte sich Herne mit 5:3 durch – diesmal bereits nach 90 Minuten.
Finale gegen Roger Schmidt und den Delbrücker SC
Es folgte ein 6:5 nach Elfmeterschießen über den Ligakonkurrenten VfL Bochum II und ein 1:0 gegen die Sportfreunde Oestrich (heute FC Iserlohn), die am Ende der Saison aus der Verbands- in die Regionalliga aufstiegen, um den Finaleinzug zu besiegeln. Dort stand Westfalia Herne dann in einem spektakulären Spiel dem Delbrücker SC, ebenfalls aus der Oberliga Westfalen, gegenüber.
An der Seitenlinie der Delbrücker ging Roger Schmidt damals seine ersten Schritte als Trainer. Mittlerweile machte sich der 56-Jährige unter anderem mit Stationen bei RB Salzburg, Bayer Leverkusen, PSV Eindhoven oder aktuell Benfica Lissabon einen Namen.
In dem Jahr haben wir den Pokal dann meiner Ansicht nach auch wirklich verdient gewonnen. Das waren ganz tolle Spiele.
Frank Schulz
In einem turbulenten Duell, in dem sich auch Edin Terzic wieder zweimal in die Torschützenliste eintragen konnte, setzte sich Westfalia Herne mit 6:4 durch. „In dem Jahr haben wir den Pokal dann meiner Ansicht nach auch wirklich verdient gewonnen“, blickt Schulz auf den schwierigen Weg zum Titel zurück. „Das waren ganz tolle Spiele“.
Westfalia Herne – Delbrücker SC 6:4 (2:1)
Tore: 0:1 Capretti (24.), 1:1 Erzen (35.), 2:1 El-Nounou (40.), 3:1 Erzen (47.), 3:2 Wiebusch (49.), 3:3 Capretti (57.), 4:3 Terzic (67.), 5:3 Terzic (73.), 5:4 Fulhorst (86.), 6:4 Erzen (90.+2)
Bes. Vorkomnisse: Gelb-Rot für Hansjürgen (Delbrücker SC/52.)
Durch den Triumph gingen die Herner in der Folgesaison nach 17 Jahren erstmals wieder im DFB-Pokal an den Start. Das Los fiel auf den damaligen Zweitligisten Erzgebirge Aue. „Das soll gar nicht böse klingen, aber wenn man nach so vielen Jahren schon mal wieder in den Pokal kommt, dann wünscht man sich natürlich schon einen Gegner wie Dortmund, Bochum oder die Bayern“, blickt Schulz zurück.
Dennoch erinnert der Trainer sich an ein „tolles Spiel“ in der ersten Runde, „auch wenn wir 1:2 verloren haben. Da haben wir wirklich eine richtig gute Leistung gebracht und hätten unserer Ansicht nach auch zwei Elfmeter verdient.“ Rückblickend sagt Schulz: „Ich habe lange Zeit trainiert, aber das war meine geilste Truppe, weil die einfach so zusammengewachsen ist.“
Lob für Terzic: „Ein toller Mensch“
Der Auftritt im DFB-Pokal sei für die meisten „ein einmaliges Erlebnis“ gewesen. Für Stürmer Terzic gehört der Wettbewerb mittlerweile zum Alltag. Zum BVB-Trainer hat Schulz heute noch Kontakt. „Ich habe ihn damals aus Iserlohn geholt und das passte menschlich, wie bei der ganzen Truppe, super zusammen. Edin war früher genau so, wie er heute noch ist. Der ändert sich nicht und weiß, wo er herkommt. Wir haben noch das ein oder andere Mal Kontakt, ein toller Mensch“, lobt Schulz, der Terzic anschließend auch zu seiner zwischenzeitlichen Station beim Regionalligisten BV Cloppenburg mitnahm. „Wenn wir uns mal schreiben, dann schreibt er immer zurück mit ´Hallo Coach´. Daran sieht man, welchen Respekt er immer noch vor mir hat und dass er nicht abhebt.“
Die Pokalsieger treffen sich noch heute teilweise und kicken zusammen, wie Schulz betont. Teile der Mannschaft spielen für die Ü40 oder Ü50 von Westfalia Herne, die beide zuletzt den Westdeutschen Meistertitel feierten – und auch Schulz lässt sich regelmäßig bei seinem Ex-Klub blicken, den er nach einem kurzen Intermezzo in Cloppeburg (Juli - Dezember 2008) im April 2009 noch einmal für ein Jahr übernahm. „Mein Herz hängt nach wie vor bei Westfalia Herne, da komme ich her.“